Annika Elstermann 

Wer bist du?

Bücher zu schreiben ist weniger romantisch als manch einer vielleicht denkt. Sich unter einen Apfelbaum zu setzen oder auf dem Balkon mit einem Kaffee oder Tee die Sonne zu genießen und nebenbei seine Gedanken aufzuschreiben, kann schöne Texte entstehen lassen. Doch wenn es darum geht, der Welt einen neuen Roman zu schenken, braucht es doch einiges mehr als nur spontane Eingebungen.

Bevor du also mit deinem neuen Projekt beginnst, solltest du kurz in dich gehen und dir klar machen, was dein Ziel ist. Und nein, "ein Buch zu schreiben" ist keine gültige Antwort.

Für wen schreibst du? Für dich selbst oder für andere? Möchtest du das Schreiben zum Beruf machen oder ist es nur ein Hobby? Und hast du eine bestimmte Message, die darauf wartet, gehört zu werden, oder planst du weniger Selbst reinzustecken?

Behalte während des gesamten Prozesses dein Ziel vor Augen. So kannst du klare Entscheidungen treffen und speziell darauf hinarbeiten.

Das passende Programm

Heutzutage schreiben die meisten AutorInnen digital und das aus gutem Grund: Es geht schneller, ist übersichtlicher und der Text kann einfacher von A nach B verschickt werden. Wenn ich ein Schreibprogramm wähle, achte ich auf die folgenden Punkte:

  1. Speichert es automatisch? Denn ich will nicht meine Fortschritte verlieren, falls es mal hängen bleibt.

  2. Ist es einfach und übersichtlich? Ich habe keine Muße mich in umfangreiche Programme einzuarbeiten.

  3. Habe ich eine Navigationsleiste? So kann ich schneller zu bestimmten Kapiteln springen.

Mein absoluter Favorit ist Google Docs. Das Design ist modern, einfach zu verstehen und zudem lassen sich die Dokumente offline bearbeiten. Auch kann ich hier sowohl am Laptop als auch am Handy nahtlos am gleichen Projekt arbeiten, da das Dokument sofort synchronisiert wird.

Jedoch habe ich auch einen kleinen Geheimtipp für dich: Für den PC gibt es das Progamm Focus Writer, welches du dir kostenlos herunterladen kannst. Focus Writer ist dazu gedacht, dir dabei zu helfen, produktiver zu arbeiten, indem es mögliche Ablenkungen ausblendet. Hier kannst du einfach drauf los tippen und dir sogar Tagesziele setzen, auf welche das Programm einen Blick behält. Zudem kannst du dein eigenes Design erstellen oder ein vorgefertigtes nutzen.

Nachteil: Es speichert nicht automatisch und lässt dich auch nicht zwischen verschiedenen Kapiteln navigieren. Deswegen empfehle ich Focus Writer zum erstmaligen Niederschreiben. Danach solltest du deinen Text in ein anderes Programm kopieren, mit welchem du das Projekt besser organisieren kannst. Einen Download Link findest du hier.

Fülle deine Werkzeugkiste

Das Programm steht fest, du kennst dein Ziel und hast vielleicht sogar bereits einen Plot im Kopf. Doch woher weißt du, ob das was du schreibst auch wirklich gut ist? Woher weißt du, ob es LeserInnen gefallen wird?

Nun, wirklich voraussagen kann man das selbst nicht und auch auf eine professionelle Meinung solltest du dich nicht 100% verlassen. Jedoch gibt es bestimmte Punkte, die dir wirklich dabei helfen können, die Qualität deines Buches zu steigern.

Natürlich ist nicht jeder Roman gleich aufgebaut und eigentlich ist alles erlaubt, doch einige Dinge funktionieren einfach immer. Und wichtig ist: Je mehr Werkzeuge du am Ende hast, auf desto mehr kannst du zurückgreifen. Oder eben auch nicht, falls dein Projekt andere Strukturen verlangt.


Ich teile mit dir die Werkzeuge, mit denen ich all meine Bücher schreibe. Und die auch in meinem Regal zahlreich vertreten sind. Vielleicht findest du hier ein paar Anregungen.

Lebendige Charaktere

Damit dein Charakter außerhalb der Tinte in den Köpfen deiner Leser zum Leben erwacht, muss er drei Punkte erfüllen:

  1. Dein Charakter ist rund und prall gefüllt.

  2. Charaktereigenschaften oder Umstände machen die Person "relatable".

  3. Dein Charakter macht eine Verwandlung durch.

Wenn du deinen Charakter jemand anderem vorstellen müsstest, wie umfangreich wärst du? Wie viel Begeisterung würdest du reinstecken? Schauen wir uns das Folgende Beispiel an:

Magdalena ist 28 Jahre alt. Sie arbeitet als Krankenschwester, ist schlank und extrovertiert und hat einen Hund. Ihr Haar ist braun und ihre Augen blau. Sie wohnt in München.

Hilfe, jemand sollte Magdalena an ein Beatmungsgerät schließen! Sie hat ja so wenig Leben in sich, wie eine Scheibe Fleischwurst! Mit der Beschreibung kann ich mir schon irgendwie ein Bild von der Frau machen, aber lebendig sieht anders aus. Sie ist eigentlich eine kaum gefüllte Hülle, dabei könnte so viel mehr in ihr stecken! Warum arbeitet sie als Krankenschwester? Was für einen Hund hat sie? Wohnt sie alleine? Was tut sie in ihrer Freizeit? Was für Musik mag sie? Und wo sieht sie sich in 20 Jahren?

Am Ende wird nicht jedes kleine Detail es ins Buch schaffen. Vielleicht wird sie vom Leser nie beim Musik hören erwischt. Doch je mehr du über deine Charaktere weißt, desto authentischer kannst du sie werden lassen. Desto greifbarer erscheinen sie auf dem Papier.

Profi Tipp: Werfe hin und wieder einen Eigennamen rein z.B. von einer Stadt, einer Band oder dem Lieblings Café. So bekommt deine mehr oder wenige fiktive Welt einen Puls und fühlt sich zunehmend realer an.

Wenn du Probleme damit hast, runde Charaktere zu schreiben, empfehle ich dir, mit ihnen ein Interview durchzuführen. Dafür gibt es im Internet eine Vielzahl von Fragebögen, mit welchen du komplette Persönlichkeiten samt Hintergrundgeschichte ausarbeiten kannst.

So könnte der Beispieltext überarbeitet klingen:

Magdalena ist eine 28jährige Krankenschwester aus Leidenschaft, welche in München wohnt, seit ihre Eltern mit ihr als Kleinkind von Warschau dorthin gezogen sind. In ihrem Job liebt sie vor allem die alltäglichen Aufgaben und baut mühelos mit ihren Patienten Bekanntschaften auf. Auch in ihrer Freizeit zieht sie die Menschen fast schon magnetisch an und das liegt nicht nur an ihren glänzenden braunen Haaren. Sie liebt es einfach in Gesellschaft zu sein oder zumindest Zeit mit ihrem Hund Mozart zu verbringen. Die beiden trainieren fast wöchentlich für die lokale Glamour Dog Hundeshow.

Kommen wir nun zum zweiten Punkt. Dass wichtige Charaktere Ecken und Kanten brauchen, hat wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Perfektion macht selten sympathisch und schon bald hat der Leser das Interesse verloren.

Wenn sich die Person jedoch ein Stück weit mit deinem Charakter identifizieren kann, dann wird sie sich einfacher an das Buch fesseln lassen.

Emotionen spielen eine große Rolle. Vor allem die negativen. Wir alle haben unsere Probleme und wollen gesehen und verstanden werden. Nicht immer findet man die passenden Menschen in seinem Umfeld. Das macht Buchcharaktere umso interessanter.

Leute werden dein Buch lieben, wenn sie sich repräsentiert fühlen. Dann wirst du ganz vorne in ihr Regal gestellt.

Erschaffe "relatable" Charaktere, indem du dich fragst:

Welche Probleme hat meine Zielgruppe? Welche Wünsche und Träume? Wie sind sie aufgewachsen? Was macht sie nostalgisch? Zu wem sehen sie auf und wer wird verpöhnt? Wie sehen sie die Welt - und sich selbst?

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sprache. Ich persönlich liebe es, locker und entspannt zu schreiben und manchmal auch Schimpfwörter mit einzubauen. Warum? Weil Jugendliche in der Regel genau so sprechen! Und auch, weil es für mich natürlich ist. Es fällt mir leicht, weil es echt ist.

Gucke dir also genau an, wie sich Menschen ausdrücken, die im gleichen Alter wie deine Charaktere sind. Lese öfters mal drüber und frage dich kritisch, ob diese Formulierung authentisch ist. Frage andere nach ihrer Meinung. Lass sie dir den Text mal vorlesen. So gehst du sicher, dass die Welt und ihre Charaktere lebendig werden und Leser sich in ihnen wiederfinden.

Details

Mein größtes Problem beim Schreiben ist es, dass ich oft durch die Handlung hetze und das beim Durchlesen direkt ins Auge sticht. Innerhalb von einem Kapitel könnte ich wahrscheinlich die ganze Welt enden lassen! Das Problem? Mir fällt es schwer, intuitiv Details einzubauen und dem inneren Monolog meines Charakters Platz zu schenken.

Details sind ein schwieriges Thema. Entweder hat man zu wenig, was dazu führt, dass die Geschichte an einem vorbeirast und man sich nicht hinein fühlen kann. Oder man hat zu viel, dann wird es zäh, langweilig und unnatürlich. Komplett zu vergessen die Umgebung zu beschreiben ist wahrscheinlich genauso kriminell, wie das gesamte Outfit des Protagonisten zu erläutern.

Also: Wo ist der Mittelweg? Wie mache ich es richtig?

Zuerst würde ich empfehle, dass du dir nochmal einige deiner Bücher im Regal anguckst und darauf achtest, wie viel dort beschrieben wird und was die AutorInnen auslassen.

Als Faustregel würde ich dir mit auf den Weg geben: Erwähne alles, was nötig ist, damit sich eine Atmosphäre aufbaut, deine Charaktere eine Persönlichkeit entwickeln und LeserInnen sich in dein Buch hineinversetzen können. Arbeite diese Dinge organisch in die Geschichte ein. Und alles andere - lass es weg.

Wirklich, es interessiert niemanden, dass sie sich ein graues Skaterkleid und weiße Sneaker anzieht und dann noch kleine Sternchenohrringe reinmacht. Niemanden.